Alle Macht geht vom Volke aus

Hier meine Antworten auf die Wahlprüfsteine der Initiative „Demokratie jetzt!“

„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, heißt es in Artikel 20 des Grundgesetzes. Die repräsentative Demokratie, die diesem Grundsatz folgend aufgebaut ist, ist gut beraten, auch auf Bundesebene direkt-demokratische Verfahren möglich zu machen, und damit wichtige Sachfragen direkt zur Abstimmung zu stellen. Denn im praktischen Politikbetrieb der repräsentativen Demokratie können die, denen die Staatsgewalt per Wahl übertragen wurde, beim ständigen Abwägen komplexer Sachverhalte auch in Pattsituationen und langwierige Entscheidungsschleifen geraten: Volksentscheide sind – wie ich in der Regionalpolitik im Ruhrgebiet nun schon mehrfach erlebt habe – oft im Ergebnis überraschend. Sie können in wichtigen strittigen Fragen manchmal „den Knoten durchschlagen“ und wirken – soweit sie nicht überstrapaziert werden – meines Erachtens auch der „Politikverdrossenheit“ gut entgegen. Nicht jedes Thema kann in Wahlen alle paar Jahre so zum Ausdruck gebracht werden, dass der politische Wille des Volkes erkennbar bleibt. Wir Grünen haben schon seit vielen Jahren gefordert, dass direkte demokratische Verfahren auf Bundesebene unter Berücksichtigung einiger Prinzipien (Minderheitenschutz, Schutz der Verfassung etc.) ausgebaut werden.

Es kommt auf eine gute Balance zwischen direkter und repräsentativer Demokratie an. Das Initiativrecht für direkte demokratische Verfahren sollte bei der Bevölkerung liegen. Referenden, also die Befassung der Bevölkerung mit Vorlagen aus den Gremien, sind meines Erachtens überflüssig, wenn die repräsentative Demokratie gut funktioniert und die Entscheidungen an den richtigen Stellen getroffen werden. Bei Schwierigkeiten gehört zuerst einmal das politische System auf den Prüfstand und muss unter Umständen nachjustiert werden.

So müssen in einer sich ändernden Welt regelmäßig auch Fragen geklärt wie die, ob noch die richtigen Ebenen zuständig sind, ob Kompetenzen und Regelungstiefe sachgerecht verteilt sind, Wahlkreise und Verwaltungsbezirke realitätsnah zugeschnitten sind, etc. Als Ruhrgebietspolitikern setze ich mich zum Beispiel seit vielen Jahren für eine Novellierung des RVR-Gesetzes (RVR=Regionalverband Ruhr) auf der regionalen Ebene ein.Meine zentrale Forderung ist dabei die Direktwahl des „Ruhrparlaments“, damit der Wille der Wählerinnen und Wähler für die Mitglieder dieses Gremiums, und damit für die Region insgesamt, klarer artikuliert und diskutiert, und somit letztlich sichtbarer und schneller umsetzbar wird.

Die Frage, wie sachgerecht Entscheidungsstrukturen zugeschnitten sind, ist meines Erachtens sehr wichtig. Es macht wenig Sinn, in den Städten einzeln über Fragen, welche die gesamte Region betreffen, abstimmen zu lassen, weil dann schnell das „Kirchturmsdenken“ die Oberhand gewinnt. Ebenso halte ich es für wenig sinnvoll, in einzelnen Nationalstaaten Europafragen zu diskutieren – oder diese per Referendum, das wiederum nationalpolitisch motiviert erstellt würde, einzeln abstimmen zu lassen. Besser ist es auch hier, sich Gedanken über transnationale, demokratisch legitimierte Entscheidungsstrukturen für Europa insgesamt zu machen: die Ebene, um deren gemeinsame Entwicklung es schließlich ja auch geht.

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